"Pygmalion"

Das Stück

In seiner Komödie erzählt Shaw die Geschichte des Professors Henry Higgins, eines selbstherrlichen Sprachwissenschaftlers, der wettet, dass er eine arme Blumenverkäuferin, Eliza Doolittle, zu einer Herzogin machen könne, indem er ihr beibringt, mit dem Akzent der feinen Londoner Gesellschaft zu sprechen. In einem wahren Dressurakt, der mitunter auch Züge von Folter trägt, zwingt er ihr eine zweite Identität auf, ohne der Verwandlung ein emotionales Gleichgewicht zur Seite zu stellen.

Das enthüllt dem lachenden Beobachter umso schärfer die schmerzliche Wirklichkeit, in der äußere Veränderungen zwar den notwendigen Anfang für ein humaneres Zusammenleben darstellen, keineswegs aber eine Garantie auf individuelles Glück.

So wie Pygmalion bei Ovid sein lebloses Kunstwerk liebt, liebt auch Higgins seine Schöpfung, jedoch nicht die Person Eliza selbst, sondern nur das sprachliche Kunstwerk, das er geschaffen hat. Higgins erwidert die Liebe Elizas nicht, übersieht ihre menschlichen Bedürfnisse und sieht sie nicht als gleichwertig an (Pickering: “Does it occur to you, Higgins, that the girl has some feelings?” Higgins: “Oh no, I don’t think so. Not any feelings that we need bother about.“).

Das Schauspiel löste damals einen Skandal aus, da es für die damaligen Verhältnisse geradezu exzessiv Schimpfwörter verwendet. So benutzt Eliza einmal das damals ordinäre Wort bloody (= verdammt): Obwohl Eliza mit feinem Akzent sprechen kann, versteht sie wenig von dem, worüber man in der hohen Gesellschaft spricht. Als jemand sie fragt, ob sie zu Fuß nach Hause ginge, antwortet sie: „Bloody unlikely!“ (”Verdammt unwahrscheinlich!”).

Nachdem Eliza auf der Botschafterparty erfolgreich die Herzogin gibt, kommt es zum Eklat...